Orchideen in Haan

Orchideen in Haan

Orchideen in den Haan-Gruitener Steinbrüchen.
Kleine Orchideenkunde für Einsteiger vor Beginn der Blüh-Saison 2022.

Vorwort:
Unsere heimischen Orchideenarten in NRW sind größtenteils vom Aussterben bedroht.
Gründe sind die Zerstörung der Biotope durch Bebauungsmaßnahmen und die Überdüngung der Weideflächen durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung. Dazu kommt noch das massive Insektensterben.

Großes Zweiblatt (Listera ovata)
Blütezeit: Mai
Rote Liste NRW: Gefährdet
Lockmittel: Nektar anbietend
Bestäuber: Fliegenkäfer, Hautflügler
Vorkommen: In Grube 7 und 10
Anzahl 2021: > 9.000


Das Große Zweiblatt bevorzugt kalkreiche und halbschattige Standorte.
Bodenbeschaffenheit und Klima:
Im Sediments- oder Absetz-Becken herrschen ideale Wachstumsbedingungen für fast alle Orchideenarten. Wir finden hier Magerrasen auf sehr kalkhaltigem Boden. Der dürftige Birkenbewuchs spendet etwas Schatten und sorgt dafür, dass dieser nicht komplett austrocknet.
In Grube 10 herrschte während der letzten drei Jahre eine extreme Trockenheit. Die Böden waren völlig ausgedörrt. Viele Pflanzen konnten sich nicht mehr voll entwickeln oder sind vertrocknet.

Geflecktes Knabenkraut
(Dactylorhiza maculata)
Blütezeit: Juni bis Juli
Rote Liste NRW: Ungefährdet
Lockmittel: Nektartäuschung
Bestäuber: Grabwespen, Bienen
Vorkommen: In Grube 7 und 10
Anzahl 2021: > 6.000

Die Pflanze wird auch G. Fingerwurz, aufgrund der Wurzelform, genannt. Die Wurzel sieht aus wie zwei gespreizte Finger.
Das G. Knabenkraut wächst sowohl in Feuchtwiesen als auch auf Magerrasen. Die Blütenfarbe ist sehr variabel. Die Größe der Pflanzen variiert stark, abhängig von der Bodenfeuchte. Man erkennt es, an dem viel kleineren Wuchs dieser Pflanzen in Grube 10.

Auf das Vorkommen der nachfolgenden Stendelwurz-Art in unserem Biotop sind wir besonders stolz.

Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris)
Blütezeit: Juli bis August
Rote Liste NRW: Stark gefährdet
Lockmittel: Nektar anbietend
Bestäuber: Bienen, Käfer
Vorkommen: In Grube 7
Anzahl 2021 ca. 80

Sumpf-Stendelwurz wächst in feuchten und kalkhaltigen Biotopen. Deshalb ist es erstaunlich, dass sie im Sediments Becken zu finden sind und sich hier auch noch vermehren können. Vermutlich speichert der Boden, ohne erkennbare Anzeichen, genügend Wasser.
Pflegemaßnahmen:
Um die Menge der Nährstoffe zu reduzieren, müssen unsere Biotope einmal im Herbst gemäht und abgetragen werden. Die Mahd darf erst nach der Verbreitung der Samen erfolgen. Für die Sumpf-Stendelwurz bedeutet das, nicht vor Ende Oktober. Gegebenenfalls müssen betroffenen Stellen von der Mahd ausgeschlossen und später nachgemäht werden.
Die Verbuschung der Biotope, z. B. durch Brombeeren, muss durch Rückschnitt verhindert werden.

Braunrote Stendelwurz
(Epipactis atrorubens)
Blütezeit: Juli bis August
Rote Liste NRW: Gefährdet
Lockmittel: Nektar anbietend
Bestäuber: Schwebfliegen
Vorkommen: In Grube 10
Anzahl 2021 ca. 10
Die Braunrote Stendelwurz wächst nur auf kalkhaltigem Boden. Sie wurde 2018 erstmalig hier entdeckt.

Breitblättrige Stendelwurz
(Epipactis helleborine)
Blütezeit: August bis September
Rote Liste NRW: Kein Eintrag
Lockmittel: Nektar anbietend
Bestäuber: Bienen, Käfer
Vorkommen: In Grube 7 und 10
Anzahl 2021 ca. 50

Die Breitblättrige Stendelwurz stellt keine besonderen Bodenansprüche. Er sollte nährstoffarm sein. Sie ist in ganz NRW stark verbreitet und wächst häufig an Wegrändern und auf Friedhöfen. Viel Kalk wirkt sich eher negativ aus. Das mag der Grund dafür sein, dass relativ wenige Exemplare in den Gruben vorkommen.

Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)
Blütezeit: Juni bis Juli
Rote Liste NRW: Gefährdet
Lockmittel: Sexualtäuschung
Bestäuber: (Sand)Bienen
Vorkommen: In Grube 7 und 10
Anzahl 2021: ca. 100
Die Ragwurz-Art wächst auch bei sehr großer Trockenheit. Sie benötigt viel Kalk. Sie hat sich in den letzten Jahren besonders in Grube 10 gut vermehrt.

Erhaltung und Vermehrung:
Die Erhaltung der meisten Orchideenarten ist für viele Jahre über die Wurzeln sichergestellt.
Nach erfolgreicher Bestäubung durch die verantwortlichen Insekten, erfolgt die Vermehrung ausschließlich über die Verbreitung der Samen. Bis zum Wachstum und zur Blüte kann es danach noch einige Jahre dauern.

Verschwundene Arten:
Bis 2017 wurden noch drei weitere Arten gesichtet, die danach aber nicht mehr blühend gefunden wurden.

In Grube 7: Bleiches Waldvögelein, Mücken-Händelwurz und das Helm-Knabenkraut
In Grube 10 wurde Pfingsten 2020 die Grünliche Waldhyazinthe mit Wurzeln ausgegraben und bis heute nicht mehr gesichtet.


Verfasser:
Jürgen Jaeger, geb. 1945 in Essen, Mitglied im NABU. Seit 2006 beschäftige ich mich mit unseren heimischen Pflanzen, insbesondere den Orchideen. Berichte über die Artenvielfalt in Haan-Gruiten haben mich hierhin geführt. Seit 2018 beteilige ich mich ehrenamtlich an den Naturschutz-Arbeiten der AGNU.
Bilder:
Alle Aufnahmen wurden von mir in den Gruben gemacht.

Großes Zweiblatt (Listera ovata)
Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)
Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris)
Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens)
Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine)
Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)