Beweidungsprojekte im Kreis Mettmann

Das Pflegen von Naturschutzgebieten mit großen Weidetieren ist momentan groß in Mode. Ausgehend von einigen spektakulären Großprojekten in den Niederlanden (das bekannteste ist der 5600 Hektar Oostvaardersplassen in Flevoland östlich von Amsterdam) finden seit geraumer Zeit auch in Deutschland enstprechende Versuche statt, zum Beispiel in der Lippeaue oder im Naturpark Solling. Im Hochsauerland sind die ersten Wisente freigelassen worden, und auch auf einem Truppenübungsplatz bei Lüdenscheid, dem Stilleking, kann man Auerochsen bei der Landschaftspflege beobachten.
Um das gleich vorweg zu sagen: Ich kenne einige dieser Projekte und bin begeistert von der schier unglaublichen Entwicklung der Artenvielfalt in diesen Flächen. Auch wenn das vielleicht nicht immer so schön aufgeräumt aussieht, gerade durch die zerstörende Kraft der Hufe, Hörner, Zähne und Zungen entstehen in kurzer Zeit tolle Lebensräume, sowohl im Wald als auch im Offenland. Und außerdem habe ich in den letzten 10 Jahren eigene  Versuche mit meinen Schafen gemacht, und meine mehr oder weniger extensiv beweideten Wiesen können sich, was die Artenvielfalt angeht, sehen lassen. Wenn man es richtig macht ist das Beweiden eine tolle Sache. Und außerdem ist es  natürlich billiger als maschinelle Pflege oder eine nachgeahmte „historische Nutzung“ von Hand.
Was lange Zeit undenkbar erschien, geht jetzt auch im dichter besiedelten Kreis Mettmann voran: Direkt vor unserer Haustür entstehen zwei große Wildweiden, die jeweils mit Auerochsen-Rückzüchtungen besetzt werden. Auf eine 15 Hektar große Fläche zwischen Wülfrath und Velbert sind bereits die ersten Urviecher eingezogen: Auf dem Gelände des ehemaligen Sedimentationsbeckens Eignerbach stehen seit Oktober sechs Auerochsen aus dem Neandertal-Wildgehege zur Biotop-Pflege. Das Gelände dort ist insgesamt 126 Hektar groß, mal sehen wieviel Fläche den Ochsen in Zukunft zur Verfügung gestellt werden soll. Das ganze Projekt ist übrigens unter Naturschützern stark umstritten, denn das Sedimentationsbecken mit seinem überregional bedeutenden Schilfgebiet wurde von der Firma Rheinkalk teilweise verfüllt, wobei mit den bestehenden schutzwürdigen Flächen reichlich rustikal umgegangen wurde.
Das zweite Gebiet liegt noch näher an Haan: In den Bruchhausener Feuchtwiesen ist in den letzten Wochen ein ordentlich stabiler Zaun rund um die große Feuchtwiese gezogen worden. Der von der Stiftung Naturschutzgebiet Bruchhausen gemanagte, circa 10 Hektar große Feuchtwiesenkomplex wird schon seit letztem Jahr durch einen Schäfer beweidet, in absehbarer Zeit sollen dazu noch ein paar Auerochsen – ebenfalls aus dem Neandertal-Wildgehege – kommen. Vielleicht sehen wir dann in ein paar Jahren mal wieder Braunkehlchen, Steinkauz, Sumpfschrecke und Schachbrettfalter in einem Lebensraum, der diesen Namen auch verdient.
Links:
Oostvaardersplassen
Projekt Lippeaue
Stilleking-Projekt
Hutewald im Solling
Eignerbach-Klärteich: Artikel aus der Bundnessel