15 Jahre Hirschkäfer und Konsorten

Lucanus cervus, Haan, 9. Juni 2017. Die Haaner Hirschkäfer haben oft nur relativ kleine Zangen. (Foto: Armin Dahl).

Ist man einmal der Insektenkunde verfallen, lässt sie einen nie mehr los. Insekten liefern immer wieder faszinierende Bilder, manchmal muss man noch nicht mal selbst auf den Auslöser drücken.

Das Internet ist ein komisches Ding: Vor mehr als 15 Jahren haben wir begonnen die Hirschkäfer in der Region zu kartieren, daraus wurde der „Hirschkäfer-Steckbrief der AGNU Haan“ im Internet. Die Sache brachte mir über mehrere Jahre hunderte von Mails und Bildern ein,  im Sommer klingelte spätabends praktisch jeden Abend das Telefon, weil ich im Übermut meine Nummer angegeben hatte.

Irgendwann wurde mir das dann zu viel, die Sache schlief ein wenig ein, eine Menge Behörden in verschiedenen Bundesländern kümmern sich heute offiziell um die Erforschung und Dokumentation der Vorkommen. Der Hirschkäfer ist ja eine geschützte „FFH-Art“, und hat im Gegensatz zu anderen Großinsekten ein positives Image.

Was die Umgebung von Haan betrifft, so stellte sich über die Jahre heraus, dass die Hirschkäfer in der Region +/- ungefährdet an ein paar ausgesuchten Standorten leben, und dort nicht gerade selten zu finden sind. Alles liegt natürlich mitten im Siedlungsraum, in Düsseldorf zum Beispiel im Ostpark, und am Hang hinter dem Bauhaus in Gerresheim. Nachweise gibt es auch aus vielen Gärten der Region, wo die Larven offenbar alte Baumstümpfe bewohnen, die nicht gerodet wurden. So weit so gut, damit war das Projekt für mich persönlich abgeschlossen, Schluss mit der Hirschkäferpirsch.

Seit ein paar Wochen allerdings ist mein Postfach wieder voll mit Mails, aus allen möglichen Teilen der Republik kommen neue Nachweise. Zuerst hat mich das gewundert, aber nach einem kurzen Ausflug zu Suchmaschine Google weiß ich jetzt auch wo die Meldungen herkommen: Gibt man bei Google „Hirschkäfer gefunden“ ein, steht in der Trefferliste auf Platz 1:  Die AGNU-Webseite zum Hirschkäfer.

Mittlerweile gebe ich übrigens alle Funddaten an einen befreundeten Kollegen weiter, der schon seine Doktorarbeit über die Hirschkäfer geschrieben hat, und einen eigenen Verein gegründet hat, der sich mit dem Tier beschäftigt: Markus Rink aus Alf an der Mosel. Unter www.hirschkaefer-suche.de kann man sich eine aktuelle Karte mit den Verbreitungsdaten anschauen und vieles mehr.

Weil es aber so schön ist, hier noch ein Bild von einem anderen Käfer, welches mir zugesandt wurde. Man sieht darauf einen Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus), auch Zwerg-Hirschkäfer genannt. Der Ärmste dient als Reisebus für eine Menge Käfermilben, die wie Zecken an ihm hängen.

Balkenschröter mit Käfermilben, Kusterdingen bei Tübingen, 6/2020. ©: Uschi Münster

Käfermilben leben unter anderem räuberisch von Fadenwürmern,  droht das Futter knapp zu werden, besteigen die sogenannten Deutonymphen in Massen Mistkäfer oder auch andere Großinsekten und lassen sich zu einem neuen Substrat tragen. Das ganze Phänomen der Transportgesellschaft nennt man wissenschaftlich Phoresie, darin steckt das griechische Wörtchen φέρειν phérein – „tragen“, bekannt von der Amphore.  Abgestiegen wird übrigens nur wenn der „Träger“ in der Nähe von frischem Futter landet. Bis dahin saugen die Milben das Blut der Käfer, genau wie die besser bekannte Varroa-Milbe, die Bienenvölker befällt.