Maiswüsten an der Wurzel gepackt

Maiswüsten an der Wurzel gepackt

Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera). Foto: Günter Klingenhagen, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera). Der Käfer ist nur 4-7 mm groß. Foto: Günter Klingenhagen, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Das Ende der Vermaisung ist in Sicht: Der Westliche Maiswurzelbohrer (lat. Diabrotica virgifera virgifera), ein aus Nordamerika eingeschleppter Käfer, ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Der Käfer gilt weltweit als einer der bedeutendsten Schädlinge, allein in den USA sind aktuelle etwa 13,5 Millionen Hektar Anbaufläche befallen.
Der aus Nordamerika stammende Neubürger wurde 1992 erstmalig im ehemaligen Jugoslawien festgestellt. In Deutschland ist die Art 2007 in Bayern und in Baden-Württemberg gefunden worden und hat sich dort etabliert. In Nordrhein-Westfalen traten die ersten Käfer 2010 auf, in der Nähe des Flughafens Köln und in Herongen am Niederrhein. Aktuelle Neufunde aus Sachsen belegen die weitere Ausbreitung.
Nordrhein Westfalen ist momentan nach Ausrottungsmaßnahmen mit Mais-Anbauverboten und strengen Fruchtfolgeregelungen wieder befallsfrei. Wenn der Käfer allerdings so weitermacht wie bisher, ist es nur eine Frage der Zeit, wann er im Münsterland und dem sogenannten „Güllegürtel“ im Oldenburger Land ankommt. Und spätestens dann wird es lustig, denn es gelten momentan strenge Richtlinien, um die Ausbreitung aufzuhalten:
In der Befallszone, mindestens 1 km um den Fundort:

  • eine Bekämpfung der Käfer mit geeigneten Insektiziden, eventuell mit Wiederholung, zeitlich begrenztes Verbringungsverbot, kein Transport von Grün- oder Silomais (frische Maispflanzen) vor dem 1. Oktober
  • Verbringungsverbot von Erde von Maisfeldern aus der Befallszone
  • kein Anbau von Mais für zwei Jahre (nach dem Fangjahr) in der gesamten Befallszone; in Einzelfällen ist eine dreigliedrige Fruchtfolge – bezogen auf Einzelschläge – unter der Berücksichtigung der Vorkulturen in den zwei Jahren zuvor möglich, verbunden mit Saatgutinkrustierung oder Bodengranulat und einer Insektizidspritzung gegen den Käfer in den Folgejahren
  • Reinigung der Maschinen vor dem Verlassen der Zone
  • Bekämpfung eines möglichen Maisdurchwuchses [das ist der Austrieb von Maiskörnern auf dem Maisfeld vom Vorjahr]

In der Sicherheitszone (mindestens 5 km um die Befallszone):

  • zweijährige Fruchtfolge, in Einzelfällen ist der Anbau von Mais in Folge möglich, verbunden mit Insektzidanwendung gegen den Käfer im Befallsjahr und in den Folgejahren, sowie Saatgutinkrustierung oder Bodengranulat in den Folgejahren.

Die Zonen gelten zunächst für drei Jahre. In dieser Zeit erfolgt eine intensive Überwachung. Werden keine Käfer mehr gefangen, werden in der Regel die Zonen aufgehoben. Verstärkt sich der Befall, kann auch eine Ausweitung der Zonen in Betracht gezogen werden
Wer sich mit fliegenden Insekten und ihren Strategien auskennt, kann sich allerdings an fünf Fingern abzählen, dass die amtliche Bekämpfung nur kurzfristig Schutz vor der Ausbreitung bietet. Das haben wir aktuell gerade am Beispiel des Buchsbaumzünslers (Cydalima perspectalis) miterlebt, dessen Siegeszug auch in diesem Jahr weitergeht, unbeeindruckt von der Spritzwut der Gartenbesitzer und Pflanzenbaubetriebe.
Für den Natur- und Artenschutz ist der neue Käfer wahrscheinlich eher ein Segen: Maisäcker kann man praktisch nicht überdüngen, weshalb aktuell viele Felder auch als Gülle-Entsorgungsflächen herhalten müssen. Der Eintrag von Stickstoff ins Trinkwasser ist in Mais-Anbaugebieten enorm, die Mais-„Landschaft“ verdient diese Bezeichnung nicht. Wer einmal stundenlang durch die Maiswüsten der norddeutschen Tiefebene gefahren ist, der freut sich über die Aussicht auf Fruchtfolgen mit deutlich reduziertem Düngereinsatz, unterschiedlichen Pflanzenarten, und wieder etwas mehr Struktur in der Landschaft.
Google Maps: Verbreitungskarte Westlicher Maiswurzelbohrer
Quelle: landwirtschaftskammer.de